Ein Truppenübungsplatz prägt eine Gemeinde



An der Lagerwache 1 in den fünfziger Jahren

von Olaf Meiler Fortsetzung

Der 2. Weltkrieg
Im 2. Weltkrieg diente der Truppenübungsplatz Grafenwöhr der Aufstellung neuer Truppen, ihrer Ausbildung, Ausrüstung und Einkleidung für den Fronteinsatz. Außerdem kamen ausländische, vrbündete Truppen nach Grafenwöhr. So zum Beispiel die spanische „Blaue Division“, die 1941 hier Wehrmachtsuniformen anzog und nach Russland weiterzog. 1943/44 wurde die italienische Division „San Marco“ im Südlager Vilseck zusammengestellt und nach einem Besuch von Mussolini im Mai 1944 von hier aus an die Front geschickt.

Gegen Ende des Krieges kam es noch zu zwei verheerenden Bombenangriffen auf Grafenwöhr. Die Amerikaner erachteten den Truppenübungsplatz als das letzte große Hindernis vor der Alpenfestung, das sie durch die Bombardierung sturmreif schießen wollten. Bei den Angriffen am 5. und 8. April 1945 verloren 26 Zivilisten und weit über hundert Soldaten ihr Leben. In der Stadt waren 2/3 des Häuserbestandes zerstört oder beschädigt, das Truppenlager war zu 80 Prozent getroffen.

Die amerikanische Zeit
Am 19. April 1945 kamen amerikanische Truppen nach Grafenwöhr. Ungeachtet der Kriegszerstörungen bot das Truppenlager nach wie vor einen idealen Stationierungsort für die Besatzungstruppen. Der Platz wurde weiter militärisch genutzt, nun eben von amerikanischen Soldaten. Um den Platz jedoch wieder aufbauen und unterhalten zu können, war man auf zivile Arbeitskräfte angewiesen. Das hatte zur Folge, dass Grafenwöhr schon in den ersten Nachkriegsjahren zum Anziehungspunkt für heimkehrende Soldaten und Heimatvertriebene wurde.

1947 begannen die Amerikaner den Übungsplatz zu reorganisieren. Im Gelände wurden neue Schießbahnanlagen angelegt und im Südlager eine Panzerausbildungsschule aufgebaut. Im Laufe der 50er Jahre steigerte sich die Übungstätigkeit, was 1953 die Räumung des Westlagers Bernreuth nötig machte, in dem sich zeitweilig Flüchtlingsfamilien einquartiert hatten.

Mit den übenden amerikanischen Truppen kam auch der „King of Rock´n Roll“, Elvis Presley, nach Grafenwöhr. Er war in Friedberg in Hessen stationiert, doch im November/Dezember 1958 kam er für sechs Wochen zur Übung auf den Truppenübungsplatz Grafenwöhr. Hier nahm er nicht nur an Waffenübungen mit seinen Kameraden teil. In den Kantinen musste er Autogramme geben und einmal kam es auch zu einem kleinen improvisierten Konzert in Grafenwöhrs Micky-Bar.

Der Übungsplatz heute
Das Leben in und um Grafenwöhr und seinen Truppenübungsplatz ist heute ruhiger geworden. Die Amerikaner haben die Infrastruktur im Lager ausgebaut. Es sind eigene Wohnviertel, dazu Schulen, Einkaufszentren und Freizeiteinrichtungen entstanden, die den Soldaten und ihren Familien eine weitgehend autonome Versorgung im Lager ermöglichen.

Nach dem Ende des Kalten Krieges ist auch die militärische Übungstätigkeit zurückgenommen worden. Der Lärmpegel, der mal fernere, mal nähere Geschützdonner, der Grafenwöhr über Jahrzehnte begleitet hat, hat merklich abgenommen. Die seither eingetretenen Reduzierungen in den Militärhaushalten dies- und jenseits des Atlantiks machen sich auch in Grafenwöhr bemerkbar.
Der Truppenübungsplatz ist nach wie vor der größte Arbeitgeber für das Umland, doch die Beschäftigtenzahlen sind in den letzten Jahren kontinuierlich zurückgegangen. Von einem Höchststand 1987 mit 3687 Beschäftigten fielen die Zahlen bis 1998 auf 2079.
Die Menschen und die Gemeindenmüssen sich nach alternativen Erwerbsmölichkeiten umsehen. Davon zeugt das vor einigen Jahren eröffnete Gründerzentrum in Grafenwöhr und mehrere neuerschlossene Gewerbe- und Industriegebiete.

Auch die geltenden rechtlichen Grundlagen haben sich auf dem Truppenübungsplatz verändert. Aus den amerikanischen Truppen, die den Platz zunächst nach Besatzungsrecht übernahmen, wurden über die Jahre Verbündete, die hier auch das Hausrecht ausübten. Seit 1956 sind wieder deutsche Truppen auf dem Truppenübungsplatz tätig, um deren Interessen sich über all die Jahre ein Bundeswehr-Verbindungskommando kümmerte.
Mit der Wiedererlangung der vollen Souveränität unseres Landes nach der Wiedervereinigung wurde dieses Kommando 1997 zum sogenannten „Deutschen Militärischen Vertreter“ (DMV) umstrukturiert, dem gegenüber früher erweiterte Mitspracherechte eingeräumt wurden. Seither weht vor dem US-Hauptquartier im Lager neben der amerikanischen auch die deutsche Flagge.
Die Amerikaner, die seit 1945 autonom über alle inneren Belange des Truppenübungsplatzes bestimmen konnten, sind heute in wichtigen Fragen zur Rücksprache mit deutschen Behörden verpflichtet. So kann zum Beispiel eine Intensivierung und zeitliche Ausweitung der Schießtätigkeit heute nur noch mit Genehmigung des Bundesverteidigungsministeriums stattfinden.

Kultur- und Militärmuseum
Das Gelände des Truppenübungsplatzes ist heute ein geschlossener Bereich, der sich nur selten zivilen Besuchern öffnet. Nur einmal im Jahr, am ersten Wochenende im August, öffnen sich die Tore des Lagers. Dann findet das „Deutsch-Amerikanische Volksfest“ statt, zu dem alljährlich etwa 50000 Besucher kommen.

Wer mehr über den Truppenübungsplatz erfahren möchte, kann dies im Kultur- und Militärmuseum Grafenwöhr tun. Öffnungszeiten sind Sonntag, Dienstag, Mittwoch und Donnerstag von 14 bis 16 Uhr (Telefon: 09641/8501).



Prominenter Soldat 1958: Elvis Presley

 


webmaster@online-infos.de