„100 Jahre Bäckerei Wohlgut“


Um die Jahrhundertwende erreichte Christoph Wohlgut, der in der Landeshauptstadt München als Bäcker arbeitete, ein Brief seiner Angehörigen mit der ultimativen Aufforderung: „Wenn du nicht nach Hause kommst,
wirst du enterbt !“

Christoph Wohlgut, längst in München heimisch geworden, machte sich schweren Herzens auf in seine Heimat Grafenwöhr, heiratete am 10. Juli 1900 die Bürgermeisterstochter Elisabeth Kneidl und gründete unter bescheidenen Umständen im Elternhaus an der Alten Amberger Straße eine Bäckerei, die sich bald regen Zulaufs erfreute; denn er führte in Grafenwöhr neue Backwaren ein, die er in München kennengelernt hatte: Salzstangen, Hörndl, Weckerl und drgl. Einen Laden im heutigen Sinn gab es anfangs noch nicht, verkauft wurde zunächst in der Wohnstube. Das Foto aus späteren Jahren zeigt den Ausbau eines Ladengeschäfts in der Nordwestecke des Hauses, wo es heute noch ist.

Christoph Wohlgut diente seiner Heimatgemeinde zeitweise als Stadtrat. Nicht vergessen konnte er zeitlebens seine Jugendjahre in München, das er wenigstens einmal im Jahr für eine halbe Woche „Urlaub“ besuchen musste.

Nach dem 1.Weltkrieg arbeitete bereits sein ältester Sohn Georg in der Bäckerei mit. Hing das Herz des Vaters am Bäckerhandwerk, so war der Sohn Georg ein leidenschaftlicher Musiker, der das Backen eher als Broterwerb betrieb. Georg Wohlgut spielte Violine und meisterhaft Trompete, gründete als 19-jähriger eine Blaskapelle, aus der sich die Grafenwöhrer Stadtkapelle entwickelte, deren Leitung er in den 30-er Jahren niederlegte. Die Bäckerei wurde für 3 Jahre geschlossen, als Georg Wohlgut 1942 zum Militär eingezogen wurde. Einer Bäckerkompanie zugeteilt, übte er seinen Beruf weiterhin aus, diesmal in Frankreich, Italien, in der Ukraine, in Polen und Oberschlesien - oftmals unter einfachsten Umständen, in Bauernbacköfen, oder dass die Heeresbacköfen den Winter über im Freien standen. Die Arbeitszeit betrug 12 Stunden, wie er es anschaulich in den erhalten gebliebenen Feldpostbriefen beschreibt. Georg Wohlgut starb 1947 kurz nach seiner Heimkehr aus sowjetischer Gefangenschaft.


Mit der Bäckerei Wohlgut aber ging es weiter. Nun übernahm dessen Gattin Anna Wohlgut das Geschäft. Sie modernisierte den völlig veralteten Betrieb. Die Backräume wurden im Anbau untergebracht, ein neuer Ofen wurde gebaut und ein Tagescafe eröffnet. Das Warensortiment wurde um den Lebensmittelbereich erweitert. Der Wiederanfang nach dem Krieg war schwer und nötigt der Leistung von Anna Wohlgut heute noch Bewunderung ab.

1971 zog sie sich aus dem Geschäftsleben zurück und übergab die Bäckerei ihrem Sohn Rudolf, der seitdem mit seiner Frau Marianne Woche für Woche den Kunden zu Diensten ist. Moderne Technik zog in den Backbetrieb ein. Immer noch gilt das Motto des Firmengründers: „Name bürgt für Qualität !“ Rudolf Wohlgut, der seit 46 Jahren in der Backstube steht, erhielt 1999 den Goldenen Meisterbrief. „100 Jahre Bäckerei Wohlgut“, das ist auch ein kleines Stück Stadtgeschichte und ein Zeugnis der Treue zur Heimat.

In der Jubiläumswoche von 11. - 15. Juli 2000 täglich Angebote aus unserer Bäckerei.

 


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